Nachdem sich noch ein paar Leute für den Verkauf gefunden haben, fuhren wir im Sommer 1967 mit einem alten klapprigen VW-Bus nach Linz.
Wir waren ein Team von sechs Leuten, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Wir waren alle jung, Wolfgang, der Fahrer, mit seinen 26 Jahren, war der älteste, sein Vollbart ließ ihn etwas älter und autoritärer aussehen.
Mario, Typ kleiner Italiener, sensibel, lustig, mit guter Stimme und Gitarre.
Norbert, der Dorfcasanova, gut aussehend und charmant. Aus einem kleinen Dorf im Waldviertel. Er hat sich uns nur angeschlossen, weil er von zu Hause fliehen musste. Er hatte vielen Mädchen gesagt, er würde sie lieben, und als sie ihm vor die Wahl stellten, konnte er sich nicht entscheiden. In einem kleinen Dorf, ein unverzeihlicher Fehler. Er hoffte, die Wogen würden sich bald glätten, aber die jungen Damen waren sehr nachtragend. So war er über ein Jahr mit uns unterwegs. Dass er auf unserer Tour auch seine Probleme mit den Damen hatte, versteht sich von selbst.
Franzi, der immer einen Anzug trug, so warm konnte es gar nicht sein. Abgetragen ja, aber von gewisser Eleganz. Mit seiner ruhigen, zurückhaltenden, steifen Haltung konnte man ihn als einen Ableger einer Adelsfamilie halten. Eben ein Sir durch und durch.
Christine, aufgeweckt, hübsch und burschikos, mit ihrem Bubi-Haarschnitt. Sie wäre bei entsprechender Verkleidung auch glatt als ein Junge, mit dem man Pferde stehlen kann, durchgegangen.
Und nicht zuletzt ich, der Jüngste, mit meinen 19 Jahren rothaarig, groß, schlaksig. Den Sie Ruady nannten. Mein Credo war Learning by Doing, ich sprang ins kalte Wasser, wo es nur ging oder ich wurde auch hineingeworfen, meist kam ich schnell wieder heraus, manchmal fror ich mir auch den Arsch ab.
Schon während der Fahrt unterhielt uns Mario mit seiner Musik und den selbst verfassten Spottliedern. In Linz angekommen, fanden wir in einer Jugendherberge Unterkunft. Zwei Dreibettzimmer, spartanisch eingerichtet, aber sauber und billig.
Ein paar Tage später hatte Mario einen von uns auf der Schippe. Das Opfer war Franzi, weil er kein Freund von Seife und Wasser war. Zum Vergnügen aller sang Mario mit Gitarrenbegleitung. Im Dialekt, von Kopf bis Fuß, ist er ein Gent, nur dreckig, san die Füße und Händ. Franzi ganz Snob. Hatte nur ein herablassendes Lächeln für den Gesang übrig.
Mario hat sich in Christine, dem burschikosen Mädchen, mit Bubi Haarschnitt verliebt. Er überhäufte sie mit Komplimenten. Machte ihr Geschenke, welche sie mit verheißungsvollem Lächeln annahm. Durch ihre Art machte sie ihm Hoffnung und er stürzte sich mit Freude in die Arbeit.
Mario war ein guter Verkäufer, er hetzte sich den ganzen Tag ab, um ihr am Abend etwas schenken zu können. Er bezahlte ihren Anteil am Zimmer, bezahlte das Essen, kaufte ihr Kleidung, er hielt sie aus.
Er textete zu dieser Zeit. Ach, Mario, kauf mir ein Mascherl, schöne Schuhe, einen Taft und ein Tascherl, bei Tag konnte ich mich nur abmühen im Glauben, in der Nacht wird die Liebe erglühen. Trotz aller Bemühungen hatte Christine nur Augen für Wolfgang.
Als Mario das dann klar wurde, saßen wir auf dem Vorplatz. Er spielte auf seiner Gitarre, dieses Mal leiser, melancholischer. Seine neuen Zeilen waren geprägt von Liebeskummer. Sie lacht mit ihm, als wäre ich Luft, mein Herz, das brennt und nach ihr ruft.
Norbert, der Casanova, legte seinen Arm um Mario und sagte: Das Leben ist wie ein Dorf-du kannst nicht alle lieben, aber du kannst überall Spuren hinterlassen.
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