Karibik im Blut – mein Leben in der Dominikanischen Republik
Fünfzehn Jahre in der Dominikanischen Republik haben meinen Horizont enorm erweitert – so sehr, dass ich manchmal das Gefühl habe, ich hätte die karibische Lebensart regelrecht in mich aufgesogen. Ich habe nicht nur Spanisch gelernt, was sich als äußerst nützlich erwies, um mit Einheimischen in Kontakt zu kommen. Bin auch in eine vollkommen andere Welt eingetaucht: in die Karibik, in eine Welt voller Lebensfreude, mit Musik, Tanz und Menschen, die kontaktfreudiger sind als ein Welpe im Streichelzoo.
Ich saugte dieses Lebensgefühl auf wie ein Schwamm in einem Mojito und beschloss, einfach hierzubleiben. Klar, mit 44 Jahren ohne Spanischkenntnisse und keinerlei Ahnung, was auf mich zukommt, war das nicht gerade ein Masterplan – eher eine Schnapsidee, die ich aber mit Zähnen und Klauen verteidigen würde.
Ich habe es geliebt, am Strand spazieren zu gehen, die Möwen beim Fischen zu beobachten. Liebte den Sonnenuntergang – bei dem man glauben konnte, der Himmel würde brennen und das Meer sich zur Ruhe begeben. Wenn man unter Palmen aus dem Wasser stieg und das Salz schmeckte. Dieses Gefühl war so eindringlich, dass ich es am liebsten für immer konserviert hätte.
Am Strand gab es einige Kneipen, die von Touristen und Einheimischen gleichermaßen frequentiert wurden. Ein wunderbarer Mix aus Sand zwischen den Zehen und kaltem Bier in der Hand. Die Hauptbeschäftigung war Poolbillard und Dart, wobei laute Musik die wichtigste Zutat war. Ohne Musik läuft dort so viel wie ein Dominikaner ohne Tanzschritte. Auch ich habe mich Hals über Kopf in die rhythmischen Klänge von Bachata, Merengue und Salsa verliebt.
Einem Dominikaner zum Beispiel kannst du alles wegnehmen, aber niemals seine Musik.
Ich habe dieses Phänomen überall im Land beobachtet: Zwei Männer kümmern sich um einen platten Reifen am Pannenstreifen einer Autobahn, während ihre Begleiter die Musik voll aufdrehen und so tun, als wäre der Pannenstreifen extra für ein Tänzchen gemacht. Am liebsten hätte ich mein Auto auch auf die Seite gestellt, um mitzumachen. Beim Einkaufen oder beim Friseur sitzen ohne Musik? Unvorstellbar – das wäre, als würde ein Fisch versuchen, im Trockenen zu schwimmen.
Selbst beim Car-wash, den sich viele Dominikaner, die es sich leisten können, wöchentlich gönnen, herrscht eine lebhafte Atmosphäre. Während das Auto auf Hochglanz gebracht wird, kann man Bier trinken, tanzen, Billard spielen oder sich die Haare schneiden lassen. Die meisten Waschanlagen sind soziale Treffpunkte, wo getanzt, gelacht und geflirtet wird, als gäbe es keinen Morgen. Man genehmigt sich ein „Presidente“ – ein ausgezeichnetes nationales Bier – und die Party geht weiter, von der Straße direkt in die Waschstraße.
An vielen von diesen Locations schließen auch sogenannte Cabañas (Häuschen) an. Was sehr praktisch ist, denn man kann sich hier für kleines Geld entspannen. Diese werden gerne, auch von verheirateten Paaren, genützt, um mal ein paar Stunden ungestört verbringen zu können. Viele Dominikanische Familien leben auf engsten Raum zusammen.
Da ist Privatsphäre ein seltenes Gut.
Natürlich muss der Dominikaner auch arbeiten, er muss doch seine Brötchen verdienen. Von Musik alleine wird er nicht satt. Aber mit ein paar Tanzschritten und Gesang macht ihm seine Arbeit gleich viel mehr Spaß.
Schließlich leben die Dominikaner nicht, um zu arbeiten, sondern arbeiten, um zu leben.
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