Kindheit

Die Sommersonne war ein unerbittlicher Begleiter meiner frühen Jahre. Ich war noch ein Baby, als meine Haut zum ersten Mal die brennende Kraft der Sonne spürte. Meine Eltern hatten mich sorgsam in einem Korb unter einem Baum abgestellt – ein scheinbar sicherer Zufluchtsort. Doch sie hatten die sanfte, unaufhaltsame Bewegung der Erde nicht bedacht, und so wanderte der Schatten langsam davon, ließ mich ungeschützt zurück. Diese ersten Sonnenstrahlen schienen nicht nur meine Haut zu röten, sondern auch die Sommersprossen auf meinem Gesicht zu malen – kleine Farbtupfer eines Kindes, das sich nicht aussuchen konnte, welche Farben ihm das Leben schenkte.

Die roten Haare und Sommersprossen wurden meine ständigen Begleiter – ein Merkmal, ich war anders.

In der Schule war ich Ziel von Späßen, oft grausam und herzlos. „Roter steck die Hoar in Oasch, die Feuerwehr kommt!“, riefen sie. Ein Satz wie ein Dolch, der immer wieder in meine kindliche Seele gestoßen wurde. Doch ich lernte, mich zu wehren. Meine Fäuste wurden zu meiner Sprache, meine Wut zu meiner Verteidigung. Manchmal verließ einer von uns mit einer blutenden Nase oder einem Veilchen den Kampfplatz. Es waren harte Jahre, gezeichnet von Kämpfen, doch auch von kindlichem Trotz und unbändiger Hoffnung.

Meine Mutter, sanft und klug, sagte mir, dass sich mit den Jahren mein Haar verändern würde, dass die Sommersprossen verblassen könnten, besonders, wenn ich mein Gesicht mit Morgentau wusch. Ich glaubte ihr und so begann jeder Morgen mit einer stillen Hoffnung auf Veränderung. Ich schrubbte meine Haut und glaubte fest daran, dass ich eines Tages anders sein könnte, nicht mehr der Junge mit dem feuerroten Haar und der gesprenkelten Haut.

Doch es war nicht nur die Schule, die mir zusetzte. Meine Brüder fanden Gefallen daran, mich zu ärgern, mich zum Weinen zu bringen. Kurt zum Beispiel erzählte mir Schauermärchen über den Schwarzen Mann, der es angeblich besonders auf Rothaarige abgesehen hatte. Diese Geschichten krochen tief in meine Gedanken und machten mir Angst.

Eines Tages fuhren Kurt und ich mit dem Fahrrad zum Fußballplatz. Ich saß auf der Stange eines Herrenfahrrads, unbequem, aber besser als laufen.
Bei Einbruch der Dunkelheit machten wir uns auf den Heimweg.
Jetzt lies Kurt mich nicht mehr auf der Stange sitzen, ich musste laufen. Er tritt in die Pedale, ich in Panik hinterher. Zu Hause sagte Kurt lachend, also rennen kann er, der Feuerpatschen. Ich hätte ihn am liebsten erwürgt.

Monate später, als er mir wieder einmal Schauermärchen erzählte, sollte gerade er derjenige sein, der mir die Furcht nahm: als er zwischendurch erwähnte, so wie du rennen kannst, erwischt er dich nie. Und so wurde aus der Angst eine Kraft. Ich war der Junge, der schneller rannte als die dunklen Schatten der Nacht.

Unser Hund, Lasso, war ein treuer Gefährte, der ebenso Teil meiner Kindheit war wie die Sommersprossen auf meiner Haut. Doch ich trieb es manchmal zu weit mit ihm. Es machte mir Spaß, ihn zu ärgern, ihm den Spiegel vorzuhalten. Was er überhaupt nicht leiden konnte. Bis er mir eine Lektion erteilte, die ich nie vergessen sollte. Seine Warnung war eindeutig, doch ich ignorierte sie, bis seine Zähne mir eine schmerzliche Erinnerung ins Bein ritzten. Es war eine Tat der Konsequenz. Sowohl Lasso als auch ich wurden von meinem Vater bestraft. Ich, weil ich Lasso gereizt habe und er, weil er mich gebissen hatte. Später, als wir beide unter dem Küchentisch kauernd unsere Wunden leckten, sah ich in seinen Augen die stille Botschaft: Du blöder Hund, hättest du mich nicht gereizt, hätte ich dich nicht gebissen und wir hätten uns den Ärger erspart.

Aber nicht nur Schmerz und Angst prägten meine Kindheit. Da waren auch die Tage voller Abenteuer, das Reiten ohne Sattel auf den galoppierenden Pferden, die Wildheit der Natur um mich herum. Und da war dieser eine Moment. Ich saß auf Vaters Fuhrwerk, mit der Milchkanne in meinen Armen. Er hatte die Zügel freigegeben und spazierte einen neuen Marsch pfeifend hinterher. Die Pferde kannten den Weg nach Hause. Da passierte es. Zwei streunende Hunde erschreckten die Pferde, sie begannen zu galoppieren, der Wagen sprang wie verrückt über den holprigen Feldweg. Ich schrie wie am Spieß, das machte die Pferde noch panischer. Mein älterer Bruder Bernd, der zufällig aus dem Fenster sah, stürmte uns entgegen und es gelang ihm, die galoppierenden Pferde anzuhalten.

Ich hatte Riesen-Glück, dass ich es schaffte, mich festzukrallen wie eine Katze, um nicht unter die Räder zu kommen. Hielt mich fest – nicht nur an meiner eigenen Sicherheit, sondern auch an der Milchkanne, die ich umklammerte, als sei sie das Wertvollste auf der Welt. Ich würde sie nicht loslassen, niemals! Und als die Flucht der Pferde abrupt endete, als Bernd sich ihnen mutig in den Weg stellte, lag ich erschöpft, aber siegreich auf dem Wagen. Die Milch war gerettet.

Und so blieb meine Kindheit – eine Sammlung von Erinnerungen, gezeichnet von Schmerz und Stolz, von Angst und Mut. Die roten Haare verschwanden, die Sommersprossen verblassten, aber die Geschichten und das Feuer in mir blieben.

Den Autor würde eine Beurteilung Ihrerseits inspirieren…

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